Wider die Wegwerfwirtschaft!

vlnr: Mathias Huisken (ifixit-Europa), Philip Heldt (Verbraucherzentrale-NRW), Gudrun Pinn (Bundesverband für Umweltberatung e.V.), Johanna Sydow (germanwatch), Tom Hansing (Netzwerk Reparatur-Initiativen, anstiftung), Dirk Jepsen (Ökopol), Jochen Flasbarth (Umwelt Staatssekretär), Detelf Vangerow (vangerow gmbH) am Pult
vlnr: Mathias Huisken (ifixit-Europa), Philip Heldt (Verbraucherzentrale-NRW), Gudrun Pinn (Bundesverband für Umweltberatung e.V.), Johanna Sydow (germanwatch), Tom Hansing (Netzwerk Reparatur-Initiativen, anstiftung), Dirk Jepsen (Ökopol), Jochen Flasbarth (Umwelt Staatssekretär), Detelf Vangerow (vangerow gmbH) am Pult

Beim Vernetzungstreffen 2014 in München wurde diese Resolution verabschiedet, in der sich die Reparatur-Bewegung zu Nachhaltigkeit im Umgang mit Gütern positionierte. Ein Jahr später nun hat sich eine breite Allianz zusammengefunden, die zur Gründung des Runden Tisches Reparatur führte. Mit dabei sind VertreterInnen von Umweltverbänden, VerbraucherschützerInnen, VertreterInnen der reparierenden Wirtschaft, Wissenschaft und natürlich Reparaturinitiativen, d.h. die reparierende Zivilgesellschaft.

 

Am 23. November 2015 übergab der Runde Tisch zur Europäischen Woche der Abfallvermeidung einen Katalog mit 8 konkreten Forderungen an Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth, um aufzuzeigen, wie Reparatur als wesentliches Element der Ressourcenschonung und des Umweltschutzes konkret vorangetrieben werden kann.

 

Download Pressemitteilungen, Positionspapier

 

Das Positionspapier wird an alle politischen MandatsträgerInnen und EntscheiderInnen versendet, um an ihre Verantwortung zu appellieren, in diesem Thema tätig zu werden. Der Runde Tisch plant Anfang des kommenden Jahres die Forderungen weiter zu verbreiten und in Kooperation mit den Netzwerken Druck aufzubauen, damit Taten folgen.

 

Hier die Forderungen im Einzelnen:

 

1) Zugang zu Ersatzteilen:

Herstellende, HändlerInnen und ImporteurInnen müssen verpflichtet werden, allen MarktakteurInnen über die gesamte Nutzungsdauer hinweg Ersatzteile zugänglich zu machen.

 

2) Zugang zu erschwinglichen Ersatzteilen:

Der Preis von Ersatzteilen muss in einem vernünftigen und begründbaren Verhältnis zu ihren Herstellungskosten stehen. Ein Rechtsanspruch an die Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu diesen Konditionen ist sicherzustellen. Darüber hinaus müssen Geräte so konstruiert werden, dass der Preis für funktionale Ersatzteile 20 Prozent des unverbindlich empfohlenen Kaufpreises der HerstellerInnen nicht übersteigt.

 

3) Zugang zu Ersatzteilen aus Altgeräten:

Reparaturbetrieben und Initiativen ist in geeigneter Form ein Zugang zu Altgeräten zu ermöglichen, um aus diesen Ersatzteile zu gewinnen. Da die Herstellenden gesetzlich verpflichtet sind, die Entsorgung aller Geräte nachzuweisen, die sie in den Markt bringen, müssten diese Geräteentnahmen hierbei berücksichtigt werden.

 

4) Deutschland braucht einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Reparaturdienstleistungen und Gebrauchtwaren:

Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Reparaturdienstleistungen und Gebrauchtwaren macht die Reparatur attraktiver. Dies stärkt den Reparatursektor und schafft Anreize für Herstellenden reparaturfähige Produkte zu vermarkten. In einigen europäischen Staaten, wie zum Beispiel in Frankreich, wird dieses Instrument bereits genutzt.

 

5) Reparaturfreundliches Produktdesign:

Das Produktdesign entscheidet maßgeblich mit darüber, ob ein Produkt repariert und an neue technologische Standards angepasst werden kann. Verklebung von Teilen, wie z.B. Akkus, kann zur Irreparabilität eines Produktes führen. Festverbaute Elemente können eine Nachrüstung unmöglich machen. Eine immer höhere Integration von Teilen kann die Reparatur verhindern oder unbezahlbar machen, weil Einzelteile nicht mehr isoliert repariert oder ausgetauscht werden können. Anforderungen an die Reparierbarkeit sind in verbindlichen Produktanforderungen zu verankern.

Reparaturfreundlichkeit muss für die KundInnen erkennbar sein: In Anlehnung an die Österreichische Norm ONR 192102 2014 fordern wir, auch in Deutschland die Möglichkeit zu schaffen, langlebige und reparaturfreundliche Produkte für VerbraucherInnen nachvollziehbar und glaubwürdig zu kennzeichnen. Auch bestehende Umweltzeichen wie der Blaue Engel sollten Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit in ihren Vergabekriterien deutlich stärker einbeziehen und damit für den KonsumentInnen wirklich langlebige Produkte erkennbar machen.

 

6) VerbraucherInnen aufklären:

VerbraucherInnen müssen über die Bedeutung von Wartungsmaßnahmen und die Möglichkeiten der Reparatur aufgeklärt werden. Deshalb fordern wir:

a) Dass Informationen zur Bedeutung der Lebensdauerverlängerung, der Wartung von Produkten und über die Möglichkeiten der Reparatur dem Produkt beiliegen und im Internet bereitgestellt werden müssen.

b) Dass breit angelegte Informations- und Aufklärungskampagnen initiiert und gefördert werden, die den Stellenwert einer längeren Produktnutzung für Ressourcen- und Umweltschutz deutlich machen und die Bedeutung von Wartungs- und Reparaturmöglichkeiten hierfür herausstellen. Die Öffentlichkeitsarbeit von Reparaturinitiativen und Werkstätten können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten und sollten daher gefördert werden.

c) Irreführende Werbung muss überwacht und sanktioniert werden. Bei Werbung für den Neukauf von Produkten mit Umweltargumenten muss auf den Rohstoff- und Energieverbrauch bei der Herstellung hingewiesen werden.  

 

7) Bereitstellung von technischen Daten und Diagnosesoftware:

a) Reparaturrelevante technische Dokumentationen/Daten und Diagnosesoftware sowie produktspezifische Werkzeuge müssen allen Reparaturbetrieben und ehrenamtlichen Reparaturinitiativen digital und möglichst kostenfrei zu Verfügung gestellt werden.

b) Validierte Qualitätssicherungssysteme der Herstellenden können für Endkunden sinnvolle Hinweise zur Eignung eines Reparaturbetriebes liefern. Was im Bereich der herstellerunabhängigen Kfz-Reparatur seit Jahren etabliert ist (die Bereitstellung von Ersatzteilen, umfassenden Service-Dokumentationen und Diagnosesoftware für alle freien Werkstätten), muss auch in anderen  Produktbereichen selbstverständlich sein.

c) Das Zusammentragen von reparaturrelevanten Informationen muss unterstützt werden. Entsprechende Aktivitäten, wie z.B. die Digitalisierung „älterer“ Bedienungsanleitungen dürfen nicht kriminalisiert werden.

d) Die Herstellenden sollten verpflichtet sein, die Konstruktionsdaten von Ersatzteilen, die nicht lieferbar sind, umsonst zur Verfügung zu stellen oder zu einem Preis, der in einem vernünftigen und begründbaren Verhältnis zu den Herstellungskosten des Ersatzteils steht. So wird gewährleistet, dass Ersatzteile im Nachbau (etwa durch 3D-Druckverfahren) hergestellt werden können.

 

8) Reparatur-Autorisierung für mehr Fachbetriebe auch während der Garantiezeit:

Wir fordern, dass Fachbetriebe in der Garantiezeit die notwendigen Reparaturen durchführen dürfen und dass die Hürden für die Autorisierung möglichst niedrig sind.

 

www.runder-tisch-reparatur.de

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