Repair & Share Ruhr – Allianz für mehr Gemeinwohl

Im Ruhrgebiet gibt es bereits zahlreiche Repaircafés, Leihläden und Initiativen die sich mit den Themen Repairkultur und Share-Economy beschäftigen. Die Hochschule Bochum hat sich nun zur Aufgabe gemacht, diese Initiativen miteinander zu vernetzen und noch mehr Bewusstsein zu schaffen für nachhaltige Lebensstile.


Das konkrete Projekt heißt Repair & Share Ruhr – Allianz für mehr Gemeinwohl und ist Teil von THALESruhr, einem umfangreichen Transformationsprojekt der Hochschule Bochum. Die Repair & Share Ruhr – Allianz verfolgt das Ziel, ein Netzwerk regionaler Repair- und Sharing-Initiativen aufzubauen, bestehende Initiativen zu unterstützen und neue Projekte anzuregen. Das Motto lautet: Reparieren statt Wegwerfen.
Nutzen statt Besitzen! Neben der Netzwerkarbeit leistet das Projekt auch Öffentlichkeitsarbeit für die Themen, organisiert Veranstaltungen unterschiedlicher Art und ist an der Implementierung einer Repair- und Share-Infrastruktur in der Metropole Ruhr beteiligt. Angestrebt werden beispielsweise eine gemeinsame Homepage für das Netzwerk, der Ausbau der Sharing-Plattform ressourcerie automatique für den Bereich Kunst/Kultur und eine Ersatzteiltauschbörse. Gestartet ist das Projekt Mitte letzten Jahres (2023) und läuft noch bis Ende 2027.


Die Themen Repair & Share sind für die Hochschule Bochum nicht neu. Die beiden Projektleitenden Jacinta Kellermann und Oliver Stengel sind auf wissenschaftlicher und praktischer Ebene bereits seit mehreren Jahren in den Bereichen Repairkultur, beziehungsweise Share-Economy aktiv.


Die bib der dingeBochum wurde im Jahr 2020 durch Oliver Stengel und Najine Ameli eröffnet. In einer großen Lagerhalle versammelt die gemeinnützige GmbH allerlei Gebrauchsgegenstände wie Waffeleisen, Bohrmaschinen oder auch ein aufblasbares Kanu und bietet sie zum Verleih an. Neben dem Leihangebot bietet das Unternehmen auch Workshops im Bereich Upcycling an, veranstaltet Kindergeburtstage und ein monatliches Repaircafé. Die bib der dinge Bochum pflegt bereits zahlreiche Kooperationen wie z.B. mit der Stadtbücherei, dem Schauspielhaus und der Hochschule Bochum. Personen mit einem aktiven Nutzerkonto können sich Dinge, die sie gern leihen möchten, an Standorte der Kooperationspartner*innen liefern lassen, um Wege zu sparen. Ein Service, von dem auch Studierende profitieren. Die Studierenden können dadurch nicht nur bequem die Dinge an der Hochschule ausleihen, sie müssen nicht einmal dafür bezahlen, da die Nutzung bereits in ihrem Semesterbeitrag enthalten ist. Seit letztem Jahr tüftelt das Team der Bib an dem Konzept und dem Bau des Leihschrankes „Shelfie“, der die Leihvorgänge für die Nutzer*innen noch weiter erleichtert. Ein erster Schrank steht bereits seit Anfang Dezember im Foyer des Schauspielhaus Bochum. Gern und viel geliehene Gegenstände wir Akkubohrer und Waffeleisen können so, schnell und unkompliziert im Selfservice ausgeliehen werden.


Im Bereich Repair gibt es seit 2020 durch Jacinta Kellermann und die Studiengänge der Nachhaltigen Entwicklung ein Lehrangebot auf der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Anwendung: Die Projektstudie„Repairkultur“. Sie wird geleitet von Jacinta Kellermann. Studierende der verschiedenen Nachhaltigkeitsstudiengänge im Bachelor- und Masterbereich können hier eigene Projektideen entwickeln und umsetzen. Neben einer Info-Broschüre, zwei Kinderbüchern, einem Podcast und einer mobilen Ausstellung sind auch schon diverse Workshopkonzepte entwickelt und durchgeführt worden. Die neueste Veröffentlichung ist ein E-Book zur Reparaturfreundlichkeit von Elektrogeräten mit einer Checkliste und vielen wesentlichen Infos. Das E-Book kann kostenlos heruntergeladen werden. Ihr findet es hier, auf der Homepage der Projektstudie. Es soll Verbraucher*innen dabei helfen, eine möglichst nachhaltige Kaufentscheidung zu treffen und wird unter anderem von der Verbraucherzentrale NRW unterstützt.


Das MURX-Reparaturfestival, welches seit dem Jahr 2021 regelmäßig in Bochum stattfindet und vom atelier automatique veranstaltet wird, hat seinen Ursprung ebenfalls in der Projektstudie Repairkultur. Studierende des Masterstudiengangs Angewandte Nachhaltigkeit entwickelten die Idee für das Festival und brachten diese dann als erste Projektidee in die neu etablierte Projektstudie ein.


Aus der Hochschule geboren und nach ersten Gehversuchen unter erschwerten Corona-Bedingungen ist das Festival heute zu einem selbstständigen Projekt gewachsen und konnte unabhängig von der Hochschule drei Mal stattfinden. jeweils vier Tagen wurde ein umfangreiches Programm angeboten, welches Workshops, Gesprächsveranstaltungen und Kunstprojekte sowie Ausstellungen und Performances rund um das weite Feld der Repairkultur vereinte. In diesem Jahr wird das Festival gemeinsam mit dem Projekt Repair & Share Ruhr sowie mit dem RepairMobil des Rhein-Ruhr Repairkultur e.V. auf Tour gehen. Statt eines mehrtägigen Festivals in Bochum erwarten die Besuchenden dieses Mal mehrere eintägige Veranstaltungen in verschiedenen Ruhrgebietsstädten. MURX on tour wird in der zweiten Jahreshälfte stattfinden. Aktuelle Infos werden auf der Website des atelierautomatique veröffentlicht.


Am 22.03.2024 veranstaltet das Hochschulprojekt gemeinsam mit dem atelier automatique ein FLINTA* Repaircafé im Rahmen der feministischen Aktionswochen. Neben einem Vortrag des Frauenzentrums Schokofabrik aus Berlin-Kreuzberg, welches seit einigen Jahren ein FLINTA* Repaircafé veranstaltet, wird es drei offene Werkstätten in den Bereichen Technik, Fahrräder und Textilien geben. Die aktuelle Forschung und Recherche im Rahmen des Projektes Repair & Share Ruhr sowie einiger Abschlussarbeiten an der Hochschule Bochum wurde deutlich, dass es insbesondere im Repairbereich eine Reihe von Geschlechterstereotypen gibt. Es fiel schnell auf, dass sich besonders unter den Reparierenden von Elektrogeräten und Fahrrädern wenig FLINTA* Personen befinden. Häufig werden die Repaircafés von Menschen im Alter von 60+ organisiert und durchgeführt. Frauen* sind in vielen Fällen hauptsächlich im Bereich Organisation, Catering und Textilien aktiv. Das FLINTA* Repaircafé am 22. März ist ein Versuch dem etwas entgegenzusetzen und diese festgefahrenen Rollenbilder zu durchbrechen. Es soll ein Raum geschaffen werden, der empowert und frei ist von Mansplaining. Das Projekt wird gefördert durch den Bochum Fonds.


Repair & Share POPUP: Aktuell plant das Team der Repair & Share Allianz im April und Mai 2024 ein leerstehendes Ladenlokal in der Bochumer Fußgänger*innenzone zu bespielen. Bereitgestellt wird der Raum von Bochum Marketing im Rahmen des Programms Tapetenwechsel. In dem rund 65qm großen Lokal, in der Kortumstraße 54, wird es neben einer Ausstellung der Projektstudie Repairkultur, auch wechselnde Reparaturworkshops und offene Werkstätten in den Bereichen Textilreparatur, Upcycling und 3D-Druck geben. Auch Gesprächsveranstaltungen, Filmscreenings und kleine Performances zu den Themen Wirtschaft und Gemeinwohl, welche mit dem Kooperationspartner atelier automatique gestaltet werden, sind geplant.


Neben dem umfangreichen Programm wird der Ort in der Bochumer Innenstadt auch das temporäre Zuhause für den Leihschrank „Shelfie“ der bib der dinge Bochum sein.


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