Rückblick: Regionales Vernetzungstreffen Frankfurt am Main

Ein Tag voller Austausch und Impulsen war das Regio-Vernetzungstreffen am 25. Januar 2020 in Frankfurt am Main. 50 Aktive, hauptsächlich aus dem Rhein-Main-Gebiet, teilten ihre Erfahrungen und ihr Wissen zu unterschiedlichen Themen.

Allgemeine Informationen aus der großen Runde:

 

Impuls 1: Reparieren mit Geflüchteten

  • Odette berichtete vom Repair Café Bockenheim, das seit 2015 im Offenen Haus der Kulturen repariert. Angedockt ist es an den Offenen Sonntag, ein Begegnungsangebot für Menschen aus dem Stadtteil und Geflüchtete.
  • Ohne Sprachkenntnisse ist es oft schwer zu zeigen, was man kann und wer man ist – auch aus diesem Grund entstand die Idee für ein Repair Café in Bockenheim. Daneben waren und sind Ressourcenschutz, gemeinsame Stadtteilgestaltung und das Schaffen eines offenen Begegnungsraumes motivierende Anlässe.
  • Eine Schwierigkeit, auf die geflüchtete Menschen in Deutschland stoßen: Ihre Abschlüsse/Qualifikationen werden oft nicht anerkannt bzw. sind nicht mehr nachweisbar. Idee: Organisieren einer gemeinsamen Fortbildung Elektrosicherheit mit Teilnahmenachweis
  • Die Lebensrealität der vor einigen Jahren angekommenen Geflüchteten und die gesunkenen aktuellen Flüchtlingszahlen schaffen eine neue Situation: Viele derjenigen, die nun schon eine Weile in Deutschland leben, nutzen verschiedenste Anlaufstellen und Angebote. Ein Engagement im Repair-Café nebenher ist dann zeitlich nicht so leicht unterzubringen. Außerdem hat Geld verdienen oft höhere Priorität.
  • Über Geflüchtetenunterkünfte kann Kontakt hergestellt werden – an den Unterkünften selbst sind aber nur eingeschränkt öffentliche Veranstaltungen möglich. Das Andocken an bereits bestehende Strukturen/Angebote anderer sozialer Träger kann die Begegnung erleichtern.
  • Fahrradreparatur ist ein gut funktionierendes Angebot.
  • Eine Kinderbetreuung während des Reparierens ermöglicht es v.a. den Müttern auch, selbst tätig zu werden, weil die Kinder anderweitig beaufsichtigt werden.
  • Handbuch iFixit: Repair Café für Smartphone und Kleinelektronik
  • Habibi.works: Eine Flüchtlingscamp im  Norden Griechenlands mit Offenen Werkstätten uvm.

 

Impuls 2: 3D-Reparatur

  • Impulsvortrag Reparaturcafé Hanau,
    Beispiel Kettenschutz, Beispiel Motorlager
  • Nach wie vor eine nicht geknackte Nuss: Wie kann 3D-Druck im Repair-Café stattfinden? Konstruktion und Druck erfordern Zeit, die bei einer halbtätigen Veranstaltung oft nicht vorhanden ist. Lösbar könnte das sein durch Kooperationen mit lokalen 3D-Druck-Anbietern oder FabLabs. Während der Reparaturveranstaltung wird das Ersatzteil am Rechner konstruiert, die Datei an den Kooperationspartner gesendet und kann nach dem Druck dort vom Gast abgeholt werden. Einbau erfolgt dann beim nächsten Reparaturtermin.

 

Offene Themenwerkstatt

 

Reparieren durch Kleben – Plastikreparatur (Matthias Wild, Reparatur-Treff Groß-Gerau)

 

Reparieren an Schulen/mit Jugendlichen

  • Sammlung von Leitfäden und Handreichungen zu unterschiedlichen Reparatur-Formaten für/mit Schulen sowie Beispielprojekte aus der Praxis
  • www.retibne.de: Unterrichtsmaterialien für theoretische und praktische Lehreinheiten rund um Reparatur und Ressourcenschutz, kostenfrei zur Verfügung
  • Weitere Beratung und Vernetzung durch Netzwerk Reparatur-Initiativen und Reparieren macht Schule e.V.
  • Die BUNDjugend repariert seit einigen Jahren auf dem Eine-Erde-Camp mit Jugendlichen. Die Erfahrungen zeigen, dass kleine Näh-/Bastel-/Selbermach- und Upcycling-Angebote das Interesse von Jugendlichen wecken können. Jugendliche fürs Ehrenamt zu gewinnen zum kontinuierlichen Einsatz im Repair Café erweist sich hingegen als schwierig.
  • Die ErneuerBar Fulda
  • Die AKTION Mensch und generell Lotterieanbieter können gute Quellen sein, um Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen. (vgl. auch Deutsche Postcode Lotterie).

 

Umgang mit schwierigen Gästen

  • Die Sammlung von schwierigen Situationen zeigt: Es geht anderen Reparaturcafés genauso! Zwischendurch ist immer mal ein unangenehmer Gast, der ungeduldig ist, sich vordrängelt, die Regeln/Abläufe nicht akzeptiert, ungehalten ist, das Engagement nicht wertschätzt oder ausnutzt...
  • In solchen Situationen hilft: Ruhe bewahren, gut durchatmen und sich selbst erstmal ganz viel Liebe geben. Die Emotionen kochen da schnell hoch – und sind für jede*n von uns ein Lehrer: Was zeigen sie mir über mich? Und gelingt es mir, sie erstmal nur da sein zu lassen, aber nicht zu reagieren? Sondern meinem Gegenüber mit Offenheit und Neugier zu begegnen und herauszufinden, was sein/ihr Bedürfnis ist? Hilfreich ist, sich dabei vor Augen zu führen: Niemand ist absichtlich schlecht, sondern handelt nur in dem Rahmen, der ihm/ihr möglich ist. Und davon ausgehend ein ernsthaftes Interesse an einer Lösungsfindung zu haben.
  • Offene Fragen stellen, also nicht solche, die nur mit Ja oder Nein zu beantworten sind.
  • Die Aussagen des Gegenübers wiederholen – das signalisiert Wertschätzung
  • Die eigene Position nicht mit „Ja, aber…“ entgegen, sondern mit „Gleichzeitig…“ anführen – nachdem man die Position des Gegenübers wiederholt hat.
  • Gewaltfreie Kommunikation in 4 Schritten – erfordert etwas Übung, aber mit jedem Üben gelingt es vielleicht ein kleines bisschen besser:
    1. Konkrete Wahrnehmung beschreiben („Ich sehe, Sie haben 8 Geräte mitgebracht, die kaputt sind…“
    2. Gefühle benennen („Das macht mich nervös und angespannt….“)
    3. Bedürfnis(se) ausdrücken („Denn wir reparieren hier alle in unserer Freizeit als Ehrenamtliche und möchten keinen Zeitdruck aufbauen und so vielen Menschen wie möglich helfen. Deswegen sind 8 Geräte von nur einem Gast nicht machbar.“)
    4. Wunsch/Bitte äußern statt Forderung („Bitte suchen Sie sich ein Gerät aus, das wir gemeinsam reparieren.“)
  • In Rollenspielen schwierige Situationen nachempfinden und nachspielen – das schafft beim nächsten Mal mehr Handlungsspielraum
  • Anspruchdenken verhindern, durch Ansprache: Gäste oder TeilnehmerInnen statt KundInnen

 

Wie Wissen weitergeben? Neue Interessierte einbinden

 

Hilfe zur Selbsthilfe – wie umsetzen?

  • Was heißt Selbsthilfe für uns?
                > Wie/wo kann ich recherchieren, um ein Problem zu lösen?
                > Ich will etwas alleine können.
                > Tipps zur Selbsthilfe ermöglichen Selbsthilfe
                > Ich will etwas selber machen, brauche aber Unterstützung.
  • Der Gast ist beim Reparaturprozess dabei – und wenn er nur daneben sitzt!
  • Viel reden! Im Dialog kann die Fähigkeit des Gastes, etwas selbst zu machen, besser eingeschätzt werden. Beim Reparieren alle Schritte erklären – so kann er Gast lernen, auch falls er nicht selbst tätig ist. Immer wieder bei leicht machbaren Handgriffen (Gehäuse öffnen,…) den Gast mit einbeziehen und selbst machen lassen. Angst nehmen und Interesse wecken. Den Gast wie ein kleines Kind begleiten und auf Fragen eingehen.
  • Freundliches, offenes Begegnen auf Augenhöhe – kein „Expertenwissen“ als Reparaturhelfer*in*in vortragen.
  • Sicherheit walten lassen: Klare Grenzen kommunizieren – hier kannst du selbst reparieren, das machst du nicht selbst (320V!)
  • Gespräch suchen zu richtiger Bedienung und Pflege, ggf. sogar einen extra Reparaturtermin dafür anbieten oder einen Infotisch beim Reparaturcafé.
  • Kooperationen mit anderen Selbsthilfeangeboten, z.B. PC-/Handynutzung und –einrichtung,…
  • Für den Reparaturhelfenden gilt: Berühre nie das Werkzeug! ;-)
  • Man muss nicht alle genannten Punkte auf einmal realisieren, aber schrittweise ist an verschiedenen Stellen mehr und mehr Selbermachen möglich.

 

Austausch Fahrradreparatur

  • Die Fahrrad-Reparaturbox von Matemobil kann für Fahrradreparaturen ausgeliehen werden. Sie ist ca. 30 kg schwer und mit einem Lastenrad(-anhänger) transportabel.
  • Weitere Infos: http://matemobil.gutehaende.net/

 

Öffentlichkeitsarbeit

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