Fair produzieren, fair reparieren: Wie gut gelingt das im Elektronikbereich?

Fair produzierte und gehandelte Schokolade oder Kaffeebohnen kennt man mittlerweile auch aus dem konventionellen Supermarkt. Aber wie sieht es bei elektronischen Geräten und deren Komponenten aus? Können auch diese Dinge fair hergestellt werden?
Fairness meint in diesem Zusammenhang in erster Linie Sozialverträglichkeit, also menschenwürdige Arbeitsbedingungen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Produktion. (Ökologische Aspekte umfasst der Terminus nicht zwangsläufig und er bezieht sich auch nicht auf ReUse, Recycling oder lange Nutzungsdauer - wenn gleich diese Dimensionen auch wesentlich zur Reduzierung von Ausbeutungsverhältnissen beitragen und häufig mitgedacht werden.)

 

Unfair geht es zumeist schon beim Rohstoffabbau zu: Indigene Bevölkerungsgruppen werden zu Gunsten von Konzerninteressen verdrängt, Kinder arbeiten in Minen, es herrscht Korruption. Und auch in der Produktion in Entwicklungs- und Schwellenländern lässt die Fairness zu wünschen übrig: Arbeiter*innen sind toxischen Substanzen ausgesetzt, erhalten kaum rechtlichen und gesundheitlichen Schutz, können sich nicht gewerkschaftlich organisieren. Die Löhne sind gering, Arbeitstage lang und Überstunden an der Tagesordnung. Das alles passiert auch deshalb, weil Konsument*innen in den westlichen Ländern vor allem günstig kaufen möchten, vor den Bedingungen, die niedrige Preise überhaupt erst ermöglichen, die Augen verschließen und die eigenen Konsumgewohnheiten nicht hinterfragen.

 

Herausforderungen fairer, transparenter Elektronikproduktion

Die faire, transparente Herstellung von Elektronikprodukten steht vor zahlreichen Herausforderungen: Anders als bei Schokolade oder Kaffee besteht Elektronik aus einer Vielzahl unterschiedlicher Rohstoffe – die alle fair gewonnen werden müssten, um ein faires Endprodukt zu erhalten. Daneben sind zahlreiche Akteure und Zulieferer am Herstellungsprozess eines einzelnen Gerätes beteiligt – sie alle müssten nach fairen Standards produzieren. Gleichzeitig stellen Zulieferer für mehrere Kunden her – würde für einen einzelnen, der Transparenz und Fairness einfordert, eine Ausnahme gemacht? Auch die globalen Lieferketten erschweren Fairness: Rohstoffe werden im globalen Süden gefördert, nach Fernost verschifft, wo daraus einzelne Bauteile hergestellt werden, die Fertigung aus diesen Bauteilen erfolgt nochmal an anderen Orten, sowie danach noch die Verpackung. Die Lieferketten sind lang und durchlaufen Länder mit  verschiedenen gesetzlichen Regelungen – die alle entsprechend Beachtung finden müssten für eine vollständig faire Produktion.  
High-Tech lässt sich kaum eigenständig lokal herstellen – und auch wenn es vor Ort Makerspaces und FabLabs gibt, die erste Schritte ermöglichen, sind wir gesellschaftlich an dieser Stelle abhängig von der globalisierten Industrie. Diese muss also dazu bewegt werden, fair(er) zu werden trotz der komplexen Produkte und Prozesse. Gleichzeitig herrscht kaum explizite Nachfrage nach fairen Elektronikprodukten. Daher findet sich derzeit kaum faire Elektronik auf dem Markt. Doch an manchen Stellen ist Bewegung im System, erste Hersteller verpflichten sich zu mehr Transparenz und Fairness wie beispielsweise Fairphone oder Nager-IT (Produktion einer Computermaus). Hauptziel beider Firmen ist Fairness – und nicht Gewinn oder Funktionalität.

 

Erster Schritt: Fair löten

Um ein – im tatsächlichen wie übertragenen Sinne – verbindendes Element für die Elektronikproduktion zu ermöglichen und FairTrade-Gedanken in dieser Branche zu etablieren hat sich 2014 der Verein FairLötet e.V. gegründet. In Kooperation mit dem Traditionsunternehmen Stannol, einem führenden Lötzinnhersteller, konnte 2016 die erste Charge ausbeutungsfrei produzierter Lötzinn hergestellt werden. FairLötet e.V. beriet zu fairer und nachhaltiger Produktion, Stannol übernahm Produktion und Vermarktung eines bleifreien Lötdrahtes aus recyceltem Zinn. Der Draht ist ein erster Schritt, um Elektronikprojekte fairer und nachhaltiger zu gestalten. Lot wurde als erstes Projekt angegangen, da es in fast jedem Elektronikprodukt steckt und die einzelnen Bauteile miteinander verbindet. Lot besteht zum größten Teil aus Zinn. Der Zinnabbau ist problematisch, u.a. aus den oben genannten Gründen.

 

Auch beim Reparieren kommt regelmäßig Lot zum Einsatz. Damit auch Reparatur-Initiativen in diesem Punkt fairer und nachhaltiger wirken können, verlosen wir 195 Fair-Repair-Kits, die die Firma Stannol freundlicherweise dem Netzwerk Reparatur-Initiativen gespendet hat.

>>> Hier eintragen bis 25.5., um an der Verlosung teilzunehmen.<<<

Teilnehmen können alle Reparatur-Initiativen mit Postadresse in Deutschland. Es wird ein Fair-Repair-Kit pro Initiative vergeben.
 

Das Fair-Repair-Kit enthält:

Fairer Lötdraht HS10 Fair und Kristall 600 Fair
Entlötlitze Solder-Ex
Lötspitzenreiniger & Verzinner Tippy
Wärmeleitpaste T12
Lötfett

 

 

Weitere Informationen zu Material und Herstellung des Lötdrahtes HS10 FAIR gibt es hier.

Weitere Infos zum Thema faire Elektronik allgemein gibt es bei FairLötet e.V.

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