Mehrheit im EU-Parlament für ein Recht auf Reparatur

Ein wichtiger Schritt im Einsatz für das Recht auf Reparatur wurde vergangene Woche gemacht: Die Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament verabschiedeten einen Bericht zu nachhaltigen Produkten, der u.a. ein Kennzeichnungssystem zur Reparaturfreundlichkeit umfasst.

Katrin Meyer vom Runden Tisch Reparatur sprach am 26.11. im Tagesgespräch des Bayerischen Rundfunks zum Recht auf Reparatur mit den Zuhörer*innen. Hier die Sendung nachhören.

 

Und hier die Pressemitteilung des Runden Tisch Reparatur:

 

"Brüssel/Berlin, 25.11.2020

 

395 von 696 Abgeordneten stimmten am Mittwoch für einen Bericht zu nachhaltigen Produkten des französischen Europaabgeordneten David Cormand (Grüne/EFA). Darin enthalten sind Vorschläge gegen vorzeitige Obsoleszenz, also Veralterung, von Geräten. Die EU-Kommission hat die Förderung nachhaltiger Produkte in der EU und die Stärkung der Verbraucherrechten für eine grüne Transformation der Wirtschaft zu Prioritäten ihres „Green Deal“ gemacht.

 

Mit der heutigen Abstimmung sichert das EU-Parlament der Europäischen Kommission nun seine volle Unterstützung zu, um die Entwicklung von Gesetzen voranzutreiben, mit denen die Lebensdauer von Produkten wie Smartphones und Laptops verlängert werden soll. Das Parlament befürwortet auch ein verbindliches Kennzeichnungssystem, um Verbraucher*innen über die Reparaturfreundlichkeit von Produkten zu informieren, die in Geschäften und online verkauft werden.

 

Dem Erfolg ging eine wochenlange Debatte voraus, in der konservative und liberale Parteien versuchten, die ursprüngliche, ehrgeizigere Version des Berichts abzuschwächen. Dieser Versuch stand im Widerspruch zu der überwältigenden Unterstützung, die europäische Bürger*innen diesen Maßnahmen gegenüber gezeigt haben. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass 8 von 10 Europäer*innen der Meinung sind, dass Hersteller dazu verpflichtet werden sollten, die Reparatur digitaler Geräte zu erleichtern.

 

„Die Abstimmung zeigt, dass Maßnahmen für das Recht auf Reparatur durch Meinungsumfragen, aber auch durch das Europäische Parlament unterstützt werden. Die Europäische Kommission muss nun diese Dynamik nutzen und 2021 ein Kennzeichnungssystem für die Reparierbarkeit von elektronischen Geräten sowie Reparierbarkeitsstandards für Computer vorschlagen“, erklärte Chloé Mikolajczak, Sprecherin der Right to Repair-Kampagne. (Die 2019 gestartete europäische Kampagne Right to Repair ist eine Koalition von 38 Organisationen aus 15 europäischen Ländern, die sich für ein universelles Recht auf Reparatur einsetzen. Der Runde Tisch Reparatur, Gründungsmitglied der Kampagne, vereint seit 2015 Organisationen aus den Bereichen Handwerk, Umwelt- und Verbraucherschutz, Wissenschaft, Beratung und ehrenamtlicher Reparatur.)

 

„Mit dieser Entscheidung macht das Europäische Parlament seinem Ruf alle Ehre, ehrgeizig und lautstark für die Rechte der Verbraucher*innen einzutreten und sich trotz starker politischer Spaltung für das Recht auf Reparatur einzusetzen. Sie ebnet auch den Weg für Europa, auf nationalen Initiativen wie dem französischen Reparaturindex oder Steueranreizen für Reparatur, wie es sie zum Beispiel in Österreich gibt, aufzubauen, um das Recht auf Reparatur in Europa real werden zu lassen“, ergänzte Katrin Meyer, Koordinatorin des Runden Tisch Reparatur.

 

Kontext:
Mit der Wiederaufnahme des ursprünglichen Textes am Dienstag stimmten die Abgeordneten gegen zwei Versuche, den Bericht abzuschwächen:

  • Die verbindliche Kennzeichnung von Produkten sollte zu einer freiwilligen Maßnahme abgeschwächt werden.
  • Maßnahmen gegen vorzeitige Obsoleszenz sollten durch die Beschränkung auf Praktiken mit der ausdrücklichen und ausschließlichen Absicht, die Lebensdauer eines Produkts effektiv zu verkürzen, abgeschwächt werden. Dabei verkürzen auch andere Entscheidungen der Hersteller die Lebensdauer von Produkten, u.a.: Design-Entscheidungen, die eine Demontage unmöglich machen; fehlender Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturinformationen und die vorzeitige Einstellung von Sicherheits- und Software-Updates.
  • Die Abstimmung zu den Maßnahmen gegen vorzeitige Obsoleszenz verlief sehr knapp – sie wurde mit einem Vorsprung von zwei Stimmen (von 701) gewonnen."

 

 

 

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