Vernetzungstreffen der Reparatur-Initiativen 2016

Tom Hansing sprach über
Tom Hansing sprach über "Die Welt reparieren"
Die Teilnehmenden des Bundesvernetzungstreffens
Die Teilnehmenden des Bundesvernetzungstreffens
Reparaturrunde
Reparaturrunde "Weichplastik und PVC reparieren"

60 TeilnehmerInnen aus bundesdeutschen Reparatur-Initiativen kamen im Oktober 2016 in Bielefeld zusammen, um über Alltagspraxis, Chancen und Herausforderungen des gemeinsames Reparierens zu diskutieren. In das Begegnungszentrum Bültmannshof eingeladen hatten dazu das Netzwerk Reparatur-Initiativen und die anstiftung.

Reinhold Poier von den Bielefelder Repair Cafés stellte den Weg vom ersten Repair Café in Bielefeld hin zu einem Netzwerk von Initiativen in fast allen Stadtteilen vor. Die Präsentation zum Download

 

Insgesamt 20 Reparaturrunden hatten die TeilnehmerInnen am Vormittag auf die Beine gestellt. Das Motto lautete: Von der Community für die Community. Die Weitergabe von konkretem Reparaturwissen wie die Fehlersuche bei CD- und DVD-Laufwerken, die Reparatur von Weich-PVC (wie Luftmatratzen, Schlauchboote) und Fahrradlichtern war dabei genauso Thema wie ein Austausch über die Aktivitäten der ehrenamtlichen Reparatur-Initiativen im Rahmen des "Runden Tisch Reparatur" oder die Zusammenarbeit im Netzwerk. Miriam Danne von der Europäischen Woche für Abfallvermeidung war ebenfalls zu Gast und tauschte sich mit den TeilnehmerInnen über Müllvermeidung, Kooperationen mit der Kommune und konkrete Aktionsplanung aus.

 

"Die Welt reparieren - Open Source und Selbermachen als postkapitalistische Praxis"

Weltweit experimentieren neue Akteure mit kleinteiligen Lösungen für die Nahrungsmittel- und Energieproduktion, aber auch für Design und für alle zugängliche Technik. Jenseits von Markt und Staat entstehen faszinierende Formen des kollaborativen Produzierens, Reparierens und Teilens, die den industriellen Kapitalismus herausfordern und überschreiten. Tom Hansing präsentierte das neue Buch der anstiftung, das sich dieser vielversprechenden Praxis widmet und zugleich eine gesellschaftliche Einordnung der neuen "Labore" postkapitalistischen Fabrizierens bietet.

 

Am Nachmittag fanden vier Workshops statt. Die Themen im Überblick:

 

Alltag im Repair Café - Umgang mit BesucherInnen moderiert von Ina Hemmelmann, Netzwerk Reparatur-Initiativen

Was zeichnet eine gute Reparatur-Veranstaltung aus? Von dieser Frage ausgehend berichteten die TeilnehmerInnen im Workshop "Alltag im Repair Café" von ihren eigenen Erfahrungen, berieten sich bei Problemen und sammelten Vorschläge. Zentrale Themen, die für einen runden Ablauf wichtig sind, kamen zur Sprache: Eine wichtige Rolle spielt das Empfangs-Team, das das Konzept erklärt und für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sorgt. Räumlich sollten Reparatur und Café ineinandergreifen, am besten sitzen ReparateurInnen und Gäste, die Kuchen essen, an gemeinsamen Tischen. Und mit der Frage nach der Zufriedenheit können die Gäste beim Abschied motiviert werden, angemessene Spenden zu geben.
Als Fazit stellte die Gruppe fest: Der Zusammenhalt im Team ist ausschlaggebend für eine gelingende Veranstaltung und kann durch gemeinsame Aktionen jenseits des Reparierens gestärkt werden.

Die Zusammenfassung des Workshops zum Download und hier zum Nachhören:

 

Reparieren mit Kindern und Jugendlichen mit Jürgen Klute vom Repair Café Nieder-Olm und Werner Vollmer vom Repair Café Herford

"Reparieren mit Kindern und Jugendlichen" war das Thema, mit dem sich die TeilnehmerInnen in diesem Forum beschäftigt haben. Mit zwei Impulsvorträgen zu „Repair Café trifft Kita“ und „Reparieren mit einer Jugendgruppe“ wurde die Diskussion eröffnet.
Wie spricht man Jugendliche an? Am besten mit Themen wie: 3D-Druck, Smartphone und Tablet-Reparaturen oder auch erfolgreiches Löten an besonders kniffeligen Stellen.
Was kann man Kindern zutrauen und wie geht man am besten mit den Eltern um? Beim Reparieren in der Kita ist es besonders wichtig, ein intensives Vorgespräch mit dem Kita-Team zu führen. Hier lassen sich Fragen wie Was dürfen die Kinder an Spielzeug mitbringen und was nicht? oder auch Wer aus dem Kita-Team ist immer als AnsprechpartnerIn im Raum? klären.
Auch die Frage, wie man Gefahren und Schaden abwendet, wurde ausführlich diskutiert. Hier hilft sehr häufig der gesunde Menschenverstand, Aufmerksamkeit und „Hochlegen“ von gefährlichen Werkzeugen oder Materialien, damit sie für Kinder nicht erreichbar sind. JedeR achtet auf jeden, ist hier sicher eine gute Idee.
Fazit der Diskussion: Traut den Kindern und Jugendlichen etwas zu und lasst sie - unter fachkundiger Anleitung - selber aktiv etwas machen.

Die Präsentationen zum Download: Repair Café trifft Kita und Repair Café mit der Jugendgruppe ACTIon4U. Die Zusammenfassung zum Nachhören:

Reparieren und nachhaltiges Engagement sichtbar machen moderiert von Linn Quante, Netzwerk Reparatur-Initiativen

Wie kann man Themen rund ums Reparieren und nachhaltiges Engagement kreativ sichtbar machen? Welche Themen rund ums das Repair Café möchten die MacherInnen von Reparatur-Initiativen stärker hervorheben? Dieser Workshop drehte sich nicht um die nächste Pressemitteilung und wann man diese am besten verschickt, sondern es ging konkret um die Kommunikation von Themen rund ums Repair Café und wie man diese innerhalb des Teams, an die BesucherInnen und für eine interessierte Öffentlichkeit kommunizieren und dokumentieren kann.
Die TeilnehmerInnen des Workshops sammelten zunächst Themenfelder und entwickelten anschließend konkrete Ideen für die Reparatur-Initiativen, wie zum Beispiel einen Buzzer, der bei jeder erfolgreichen Reparatur ausgelöst wird, oder eine analoge Anzeigentafel, auf der die geglückten Reparaturen vs. die erfolglosen angezeigt werden. Weitere Ideen waren ein bundesweiter Aktionstag, die Sammlung von kuriosen Reparaturfällen oder kurze Interviews mit den BesucherInnen nach dem Besuch eines Repair Cafés.   

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zum Download und hier zum Nachhören:

 

Sicher ist sicher - Wie man dafür sorgt, dass ReparateurInnen weder sich, noch die NutzerInnen reparierter Geräte gefährden mit Gerhard Heinzel, von den Repair Cafés in Fürth, Oberasbach und Roßtal (in Planung)

Gerhard Heinzel vom Repair Café Fürth gab einen Überblick über das Thema "Elektrische Sicherheit bei Reparaturen". Dabei stellte er die gesetzlichen und physikalischen Grundlagen zur elektrischen Sicherheit recht ausführlich vor. Anhand von praktischen Fehlersituationen und möglichen Wirkungen auf den Körper der BenutzerInnen erklärte er die erforderlichen Prüfungen und ging auf die Anforderungen ein, die bei deren Anwendung in ehrenamtlichen Reparatur-Initiativen gegenüber gewerblichen Betrieben gelten. Im Gegensatz zu einzelnen TeilnehmerInnen des Workshops vertrat er die These, der Zwang zur Aufsicht durch Elektrofachkräfte solle überwunden werden. Dieses Konzept gefährde die Existenz von Repair Cafés, führe zu Demotivation von engagierten ReparateurInnen (die dann außerhalb von Repair Cafés und im Zweifelsfall noch weniger sicher reparierten), genüge wegen fehlender Qualifikation der Beaufsichtigten als EuPs den in Betrieben geltenden Vorschriften dennoch nicht und setze die Elektrofachkräfte unzumutbaren Risiken durch Sanktionen von Standesorganisationen aus. Sinnvoller sei es, die alleinige Verantwortung der ReparateurInnen herauszuarbeiten, deren Sicherheitsbewusstsein und -kenntnisse zu steigern und zu fördern, so dass Reparaturen ggf. abgebrochen oder von anderen fortgeführt werden. Aus der eigenen Praxis stellte Gerhard anschließend noch geeignete Messgeräte für Reparatur-Initiativen "zum Anfassen" vor.

Die Zusammenfassung zum Nachhören:

Das RepairCafé Fürth hat in seinem Laufzettel die Dokumentation der Elektrosicherheit sowie eine Anleitung für die Prüfung integriert, als dieser optimiert wurde, um die Abläufe und die Erfolgsquote zu verbessern und die Daten einer systematischeren Auswertung zugänglich zu machen. Begründungen für die Überarbeitungen und Anleitungen zum Ausfüllen sind in diesem PDF-Dokument als Kommentare hinterlegt (rote Markierungen bezeichnen dabei Informationen, die perspektivisch als Datenbasis für Initiativen wie murks-nein-danke.de dienen könnten). Die Aspekte "Feedback" und "Statistik" wurden aus Platz- und Datenschutzgründen auf einem separaten Blatt (ohne Identifikation des Gastes) realisiert.
Den Laufzettel gibt es auch als Text-Dokument für Open Office. Über Textboxen lässt er sich schnell für andere Repair-Cafés adaptieren.

 

 

Wir danken allen TeilnehmerInnen für den intensiven Austausch und freuen uns auf die Fortsetzung!

 

 

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